Die heutigen Pferde stellen nur einen winzigen Zweig auf einem riesigen Stammbaum dar, der sich über Millionen von Jahren erstreckt. Alle anderen Zweige der Pferdefamilie, die als Equidae bekannt sind, sind heute ausgestorben. Die frühesten bekannten Pferde entwickelten sich vor 55 Millionen Jahren, und für einen Großteil dieser Zeit lebten mehrere Pferdearten gleichzeitig und oft nebeneinander. Manche Arten waren dabei kaum größer als ein kleiner Hund.
Zwei große Klimaveränderungen beeinflussten die Entwicklung der frühen Pferde. Vor etwa 55 Millionen Jahren stiegen die globalen Temperaturen schlagartig um 5 bis 10 Grad Celsius an und verwandelten einen Großteil Nordamerikas in einen warmen, feuchten, subtropischen Wald. Kleine, blattfressende Pferde gediehen darin gut. Vor etwa 35 Millionen Jahren sanken die globalen Temperaturen und führten zu einem Klima, wie wir es heute kennen. Ein Großteil der nordamerikanischen Waldflächen wurde durch Gras ersetzt und führte zu einer raschen Entwicklung der Pferde.
Pferde, Menschen und alle anderen Säugetiere haben gemeinsame Vorfahren und fünf Zehen an den Füßen. Über Millionen von Jahren verloren viele Pferdearten die meisten ihrer Nebenzehen. Die mittlere Zehe entwickelte sich zu einem einzigen großen Huf, während die anderen Zehen kleiner und letztlich funktionslos wurden. Die Hufe und langen Beine halfen den Pferden, auf der offenen Prärie immer weiter und schneller zu laufen, um vor Raubtieren zu fliehen und frisches Gras zum Weiden zu finden. Die Überreste von winzigen, verkümmerten Zehen sind heute auf den Knochen über den Hufen zu erkennen.
Die Mehrzahl der Pferdearten entwickelte sich in Nordamerika. Von dort aus verbreiteten sie sich auf andere Kontinente. Vor ca. 20 Millionen Jahren zogen die Dreizehenpferde nach Asien und von dort aus weiter nach Europa und Afrika. Vor etwa 11 Millionen Jahren verbreiteten sich von Nordamerika aus rund um den Globus Hipparions Dreizehenpferde. Die direkten Vorfahren der heute lebenden Pferde verbreiteten sich vor circa drei Millionen Jahren auf mehrere Kontinente. Vor etwa 10.000 Jahren starben Pferde in Nord- und Südamerika aus. Equus, der Vorfahre aller heutigen Pferde, überlebte nur in Eurasien und Afrika. Das Massensterben wurde wahrscheinlich durch Veränderungen in der Umwelt, Krankheiten und Überjagung durch Menschen ausgelöst.
Die Pferdefamilie (Equidae) ist heute recht klein. Alle Pferderassen, von schlanken reinrassigen Rennpferden über stämmige Pflugpferde bis hin zu winzigen Ponys, gehören zu einer einzigen Art, dem Equus caballus. Darüber hinaus sind alle überlebenden Zweige des Pferdestammbaums auch Mitglieder dieser Gattung Equus, die heute nur noch aus sieben lebenden Arten besteht, darunter Esel und Zebras.
In der Wissenschaft umfasst das Pferd (Equus caballus) alle domestizierten Pferderassen. Einige Wissenschaftler halten auch das asiatische Wildpferd, oder Przewalskipferd, für eine Varietät von Equus caballus, obwohl es oft als eigenständige Art, Equus przewalskii, bezeichnet wird. Es wird vermutet, dass heutige Hauspferde aus dem seit 1919 ausgestorbenen europäischen Wildpferd Tarpan gezüchtet wurden.